29
März
2010
Videokamera und YBR 125
Die wohl derzeit günstigste digitale Videokamera (nicht
nur) für Zweiräder
Schon vor über zwei Jahren hat ein Freund von mir sein
Modellflugzeug mit einer günstigen, kleinen und vor allem
leichten Videokamera bestückt. Schon damals hatten mich die
Möglichkeiten von einer solchen Kamera begeistert. Jedoch war
es eher eine Faszination, denn ich selbst konnte mit so einer
Kamera nicht viel anfangen: Kein Modellflugzeug, keine Idee
was man mit so einer Kamera anfangen könnte.
Inzwischen steht eine 125er parat und so ganz abwegig war
auch schon letztes Jahr die Idee nicht, einfach mal irgendwie
irgendwo eine Kamera zu befestigen. Aber: 20 bis 30 Euro für
eine relativ große Kamera und die irgendwie sicher
befestigen? Die Idee war recht schnell verworfen... Zumindest
bis Anfang dieser Woche.
In diversen Foren ist von der »Schlüsselanhänger Videokamera
im Hosentaschenformat« zu lesen. Überwiegend natürlich mit
der Artikelbezeichnung von eBay: »Spy Camera Key Chain
Camcorder Video Cam« (oder so ähnlich, je nach Anbieter eben).
Die Größe ist beeindruckend winzig: Nur knapp 50x32x10 mm
groß ist die Kamera inklusive Akku und Speichermedium.
Gewicht: Etwa 15 g (laut den vielen Modellbauern, welche
sicherlich exakter arbeitende Waagen als ich parat haben. Noch
beeindruckender ist der winzige Preis: Lediglich 10 Euro
inklusive Versand aus Fernost).
»Spy Camera Key Chain Camcorder Video Cam«
Wie viel kann man von einer Kamera für weniger als 10
Euro (inklusive Versand, exklusive Speichermedium) erwarten?
Ich war ein wenig skeptisch, jedoch sind bei YouTube genügend
Filme zu finden: Die »Key Chain Cam 808« auf Bahngleisen,
unter einem Auto, auf einem Motorrad beziehungsweise
Motorradhelm – die Liste könnte ich noch weiter
fortsetzen.
Was mich bei allen Aufnahmen beeindruckt hat: Die Qualität
ist für YouTube zumindest meiner Meinung nach absolut
ausreichend. Da ich keine kommerzielle DVD von irgendwelchen
Aufnahmen mit der YBR 125 anfertigen will, passt das Ding
doch wirklich gerade zu Budget für »spaßigen Krimskrams« und
vom Format her auch zur 125er.
Post aus Hongkong
Die Kamera selbst habe ich über eBay bei einem Anbieter
in HongKong gekauft. Bereits beim letzten Blogeintrag hatte
ich die Ankunft des Briefumschlags erwähnt.
Der Inhalt ist auf dem Bild oben zu sehen: Die Kamera selbst,
eine Kette mit Öse für Schlüssel sowie ein Adapter um die
Kamera per USB anzuschließen.
Die Lieferdauer war extrem kurz: Am 23.03. kurz nach
Mitternacht (MEWZ) gekauft und mittels PayPal bezahlt. Nur
vier Tage später lag sie im Briefkasten.
Die beigelegte Bedienungsanleitung ist zweisprachig:
Mutmaßlich chinesisch sowie ein teilweise unfreiwilig
komisches Englisch. Bei zwei Knöpfen lässt sich nicht
wirklich viel falsch bedienen und dafür reicht auch die
Anleitung vollkommen aus.
Um Aufnahmen speichern zu können muss bei dem von mir
bestellten Modell noch eine microSD Speicherkarte
eingeschoben werden. In den Angeboten bei eBay ist häufig von
einer »TF-Card« die Rede. Gemeint ist damit »TransFlash«, der
frühere Handelsnahme für die in »microSD« umbenannten
Speichermedien.
Aktuell sind 4 GB Speichermedien für etwa 10 Euro (inkl.
Versand) in Deutschland erhältlich. Für 20 Euro kann man also
eine kleine Videokamera für Aufnahmen in YouTube-Qualität mit
einer Speicherdauer von etwa 60 Minuten erwerben.
Der interne Akku wird einfach per USB-Kabel aufgeladen, ein
bischen weiter unten mehr dazu. Doch zunächst meine Variante
ein Video zu erstellen.
Mit Klebeband auf dem Bremsflüssigkeitsbehälter
Die Kamera habe ich einfach mittels »Gaffa« auf dem
Bremsflüssigkeitsbehälter so festgeklebt, dass die beiden
für die Bedienung notwendigen Knöpfe noch zu bedienen
waren.
Zwei der vier Knöpfe von der Kamera im
Schlüsselanhängerformat sind nämlich lediglich dekoratives
Beiwerk.
Das Resultat meiner Fahrt mit Ziel einer Polo-Filiale waren
etwa 30 Minuten Bildmaterial. Die Kamera war wie auf dem Bild
oben zu sehen befestigt, für Füllaufnahmen habe ich sie
einfach noch seitlich auf den Tank geklebt und ein paar
Minuten Material aufgenommen. Ich habe zuvor noch nie ein
Video bearbeitet, geschnitten und nachvertont, daher bitte
nicht zu viel erwarten.
Mein Erstlingswerk habe ich (nach dem komprimieren)
hochgeladen, nun kann es auf YouTube von der ganzen Welt
begutachtet werden:
Was irgendwie klar war: Nachdem ich das Video hochgeladen
habe ging mir durch den Kopf, dass ich es wohl eher
»Testride« als »Testdrive« hätte betiteln sollen, aber da war
es schon zu spät.
DeeplinkBearbeitung und Fakten zur Kamera
Um Mailanfragen zu vermeiden nun ein paar Zeilen zur
Bearbeitung sowie abschließend noch ein paar Informationen
zur kleinen Kamera.
Die Kamera wird als USB-Device erkannt und man kann auf sie
zugreifen wie auf einen USB-Stick. Unter Windows 7 (64 bit)
hatte ich jedoch das Problem, dass die Kamera nur ein Mal pro
Windowsstart erkannt wurde. Beim zweiten Einstecken wurde sie
nicht mehr erkannt.
Unter Linux (genauer gesagt Linux Mint 7 »Helena«) hatte ich
dieses Problem nicht. Dies passte mir sehr gut in den Kram,
schließlich arbeite ich beinahe ausschließlich unter Linux.
Nach kurzer Suche nach einem Programm für die
Videobearbeitung bin ich bei »Open Movie Editor«
hängengeblieben. Mein erster Versuch mit »Kdenlive« war recht
frustrierend, beim Einfügen des zweiten Videos blieb Kdenlive
stets hängen, es half nur noch ein kill-Kommando von der
Konsole aus.
Mit Open Movie Editor in der Version 1.1.1 konnte ich das
Video problemlos ohne Vorkenntnisse schneiden. Zeitaufwand
für das oben verlinkte beziehungsweise eingebundene Video:
Knapp 2 Stunden inklusive dem Erstellen der Titelbilder, der
Suche nach frei verwendbarer Musik und dem dreimaligen
Exportieren des fertigen Videos bis es klein genug für einen
Upload bei YouTube war (knapp 70 MB). Sowie natürlich der
kurzen Einarbeitungszeit in die Software wie was eigentlich
funktioniert.
Auflösung und Bildwiederholungsrate
Die Auflösung von 720x480 Pixel setzt die Kamera in 30 fps
um. Es ist ein »Schwimmen« in den Aufnahmen zu sehen, dies
spiegelt lediglich die Schwingungen am Lenker wider und ist
nicht auf die Qualität der Kamera zurückzuführen. Einen
»Image Stabilizer« bei einer Kamera für 10 Euro inklusive
Porto wäre auch reichlich unverschämt – zumindest jetzt,
Anfang 2010. Mal sehen was die Zukunft so bringt.
Speichermedium und Kapazität
Ich hatte die Kamera mit einer 2 GB großen Speicherkarte
bestückt. Die Karte hatte ich bereits für ein Mobiltelefon
angeschaft, daher habe ich sie einfach übernommen.
Etwa 15 Minuten belegen 1 GB. Es können meines Wissens keine
Einstellungen bezüglich der Kompression und Auflösung bei der
Kamera eingestellt werden. Zumindest habe ich keine
entsprechende Dokumentation gefunden.
Ladedauer und Laufzeit der Kamera
Die Kamera hatte ich für etwa 12 Stunden per USB mit dem PC
verbunden um den Akku zu laden. Eine Ladezeit habe ich nicht
nachlesen können, die LED der Kamera blieb über den gesamten
Zeitraum aktiv (permanentes Leuchten). Ich konnte die knapp
30 Minuten problemlos aufnehmen. Laut Forenbeiträgen beträgt
die Laufzeit der Kamera etwa 60 Minuten. Von da her würde ein
4 GB Speichermedium die Kamera vermutlich perfekt ergänzen.
Wenn der Akku leer ist muss sie ohnehin wieder an einen PC
angeschlossen werden.
Ich habe übrigens nicht den beigelegten Adapter verwendet,
sondern ein USB-Kabel, welches auch zum Anschließen meiner
Canon EOS 350D beziehungsweise meines Cardreaders
benutze.
Datum und Uhrzeit einstellen
Die Kamera wird in unterschiedlichen Versionen angeboten.
Daher unterscheiden sich auch die Methoden, wie das Datum und
die Uhrzeit eingegeben werden müssen. Bei meinem Modell
musste ich einfach eine Datei »TAG.TXT« in der Root des
Speichermediums erstellen. Der Inhalt der Datei:
[date]
2010/03/28
22:45:00
Wichtig sind Leerschritte nach den Zeilen. Ansonsten wird der
Wert nicht übernommen. Beim nächsten Einschalten wird die
Datei ausgelesen, der Wert übernommen und die Datei
anschließend automatisch gelöscht.
Das Mikrofon Beim Test in den eigenen vier Wänden
erwies sich das Mikrofon als durchaus brauchbar. Die Kamera
übernimmt selbständig eine Lautstärkeanpassung wie ich sie
auch schon vor etwa 15 Jahren bei meiner Hi8-Kamera gewohnt
war.
Diese automatische Anpassung in Verbindung mit dem
ungeschützt neben der Linse platzierten Mikrofon hat auf dem
Motorrad natürlich den Nachteil, dass bereits bei relativ
langsamer Fahrt die Windgeräusche derart laut werden, das der
Ton nicht mehr verwendet werden kann.
Ein vor die Öffnung gesetztes Stück Watte oder Schaumstoff
wäre einen Versuch wert, aber ich bezweifle, dass die
Qualität der Tonaufnahme damit so verbessert, das sie als
»wie in echt gehört« übernehmen lässt.
Das Innenleben
Ich habe die Kamera geöffnet und einen Blick hinein geworfen.
Zurückschicken wäre ohnehin nicht rentabel, daher war mir ein
eventuelles Erlöschen der Garantie egal.
Der Slot für die microSD-Karte ist wirklich ein Slot und
nicht nur »ein paar Kontakte und ein Klemmstück aus
Kunststoff« (wie bei anderen Kameras beschrieben). Von da her
habe ich keine Bedenken, dass sich das Speichermedium beim
Einsatz auf dem Motorrad durch Vibrationen lösen
könnte.
Die Kamera ist nicht wasserdicht. Weder
spritzwassergeschützt, geschweige denn staubdicht. Daher ist
sie wohl nur bei gutem Wetter zu verwenden, ansonsten könnte
es ein kurzer Spaß werden.
Mein Fazit
Für 10 Euro beziehungsweise 20 Euro (inklusive
Speichermedium) erhält man eine kleine Spaßkamera mit
YouTube-Potenzial. Den Kauf bereue ich nicht, vielmehr hoffe
ich schon auf wärmeres, sonnigeres Wetter.
Schneidet man die einzeln erstellten Videos geschickt
zusammen oder kauft sich gar mehrere Kameras und nimmt
gleichzeitig die Fahrt mit ihnen auf, lassen sich für YouTube
sicherlich interessante und relativ ansprechende Videos
gestalten. Der einzige Kritikpunkt ist meiner Meinung nach
das Mikrofon. Aber: Hey, das Teil kostet nur 10 Euro
inklusive Versand. Da kann man weder die Bildqualität noch
die Tonqualität von Profiequipment verlangen.