Die eigene Erfahrung mit mehreren Helmen zeigt: Ein Helm
kan mal lauter, mal leiser sein. In jedem Fall war allerdings
keiner der Helme, welche ich bisher auf dem Zweirad getragen
habe völlig geräuschfrei.
Was beim Roller mit 50 ccm und 45 km/h meistens noch keine
Rolle spielt wird ab 60 km/h meistens deutlich:
Windgeräusche. Ich hatte auf dem Honda CH 125 auch bei Tempo
100 keine großartigen Windgeräusche – dank dem riesigen
Windschild des Rollers. Bei der nackten YBR 125 sah dies dann
doch völlig anders aus: Zunehmen stärkere Geräusche ab ca. 80
km/h und ein penetrantes Pfeifen ab ca. 90 km/h mit dem HJC
AC-11. Beim HJC IS-16 sind die Windgeräusche noch
lauter.
Aearo EAR Classic
Für Abhilfe sorgt ein Gehörschutz. Den
umgangssprachlich auch als »Ohrstöpsel« bezeichneten Schutz
gibt es in diversen Farben, Formen und Materialien.
Ich habe noch von früher gegen den Werkstattlärm einige
»Aearo EAR Classic«-Gehörstöpsel. Diese verrichten auch
wunderbar ihren Dienst im Ohr unter dem
Motorradhelm.
Nur: Sind solche Ohrstöpsel überhaupt zulässig? Was sagt der
Gesetzgeber dazu?
§23 StVO – Sonstige Pflichten des
Fahrzeugführers
(1) Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, daß seine
Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die
Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs
beeinträchtigt werden. Er muß dafür sorgen, daß das
Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und die
Besetzung vorschriftsmäßig sind und daß die
Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die
Besetzung nicht leidet. [...]
Man muss also stets dafür sorgen, dass das Gehör nicht
beeinträchtigt wird. Allerdings zählen die Windgeräusche
selbst auch schon zu einer Beeinträchtigung. Wer vor lauter
Pfeifen und Dröhnen sonst nichts mehr wahrnimmt, ist
definitiv beeinträchtigt.
Insbesondere da wissenschaftlich belegt ist, dass Lärm zu
Stress führt und Stress wiederum zu aggressivem Verhalten
sowie zum Nachlassen der Konzentration führen kann. Beide
Punkte vertragen sich mit dem Führen von einem Zweirad nicht
wirklich gut.
Andererseits könnte man den §23 StVO auch so auslegen, dass
ein Gehörschutz die Wahrnehmung beeinträchtigt und man daher
eine Ordnungswidrigkeit begeht? Zum Glück gibt es ein paar
Institutionen, welche sich mit der Thematik befassen und
gerade für die Zweiradfahrer Partei ergreifen.
Das Institut für Zweiradsicherheit[1] (ifz) stellt beispielsweise eine
Liste des BGIA[2]
zum Download zur Verfügung. Diese »Positivliste für den
Straßenverkehr«[3]
richtet sich allerdings primär an LKW-Fahrer und nicht an
Motorradfahrer. Eine mit 2006 datierte Liste existiert
ebenfalls, dort ist der Vermerk über die Zielgruppe nicht
vorhanden.
Die von mir verwendeten Ohrstöpsel sind mit dem Vermerk »S,
V, W« in der Liste enthalten. Die Kürzel stehen für:
S/V = Signalhören im Gleisoberbau/Straßenverkehr
möglich
W = Kriterien »Warnsignalhören allgemein«,
»informationshaltige Geräusche« und
»Sprachverständlichkeit« erfüllt
Demnach sollten sie eigentlich kein Problem im Straßenverkehr
darstellen. In jedem Fall stellen sie meiner Meinung eine
Verbesserung der Sicherheit her. Wenn ich 200–400 km
zurückgelegt habe dröhnt mir jedenfalls nicht (mehr) der
Schädel und ich bin konzentriert bis zum Schluss dabei.
Was ich in jedem Fall bestätigen kann: Hupen und
Martinshörner kann ich weiterhin sehr gut hören. Eventuell
sogar besser als ohne Stöpsel, da ich die in einem anderen
Frequenzbereich liegenden Störgeräusche vom Fahrtwind nicht
so stark wahrnehme.
Bevor ich noch zwei weitere Varianten vorstelle zunächst
daher ein Blick auf die von mir verwendeten und für gut
befundenen Ohrstöpsel von Aearo (3M).
Aearo EAR Classic
Anwendung der Aearo EAR Classic
Bei den Ohrstöpseln handelt es sich um formbare
Schaumstoffstücke, welche zwischen Daumen und Zeigefinger
fest zusammengerollt werden. Anschließend können sie tief in
den Gehörgang eingeführt werden. Nach dem Einführen muss man
für einige Sekunden mit dem Finger den Ohrstöpsel fixieren
bis er sich wieder soweit ausgedehnt hat das er fest sitzt.
Unterlässt man diesen Schritt kann es passieren, dass sie
sich beim Ausdehnen selbst aus dem Gehörgang schieben und
womöglich später ganz herausrutschen.
Die Bedienung ist einfach, sie können auch mehrfach verwendet
werden. Unterwegs habe ich daher immer die kleine
Pappschachtel mit dabei in welcher zwei Ohrstöpsel Platz
finden. So kann ich sie beispielsweise bei einer Rast
herausnehmen und sauber und sicher in der Jackentasche
verstauen.
Eigentlich handelt es sich bei den Ohrstöpseln um einen
Einweg-Gehörschutz. Aber sie lassen sich auch problemlos mit
Wasser und Seife reinigen und mehrfach verwenden. Wer sie
nicht gerade mit Öl- oder Kraftstoffverschmierten Fingern
anfässt, kommt auf einer Tagestour ganz sicher mit einem Paar
der Ohrenstöpsel aus. Falls doch mehr benötigt werden sollten
wird man auch nicht arm. Fünf Paar in einer Pappschachtel
kosten etwa 1 Euro. Wer für jeden sonnigen Tag im Jahr lieber
zwei frische Paar verwenden will kann sich auch den
Vorratspack mit 500 Paar für ca. 70 Euro bestellen.
Die Alternative zu den eigentlich nur für den einmaligen
Gebrauch gedachten Ohrstöpseln sind Gehörschützer für den
mehrfachen gebrauch. Diese lssen sich mit Wasser und Seife in
jedem Fall reinigen, da sie aus entsprechend haltbarem
Kunststoff bestehen. Ein Beispiel für solche Ohrstöpsel habe
ich ebenfalls von Aearo »EAR Ultratech«:
Aearo EAR Ultratech
Aearo EAR Ultratech
Ich habe die mehrfach verwendbaren Gehörschützer vor
etlichen Jahren gekauft als ich drei Mal pro Woche im
Proberaum neben den Becken des Schlagzeugs stehen musste. Ich
höre noch immer gut, die Ohrstöpsel haben sich also bewährt.
Die Lamellen lassen sich einfach mit Wasser und Seife
reinigen, die Geräuschdämmung bleibt erhalten. Der Preis für
ein solches Set mit praktischer Dose zur Aufbewahrung
schwankt zwischen 10 und 27 Euro... Je nachdem bei welcher
Apotheke man anfragt (eher günstiger) oder ob man sie in
einem Geschäft für Musikinstrumente entdeckt...
Inzwischen gibt es eine ähnliche Variante auch in einer
transparenten Ausführung, diese fällt dann weniger auf. Beim
ursprünglichen Einsatzzweck in der Industrie sind auffällige
Farben gewünscht – beispielsweise in der
Lebensmittelindustrie... Warum liegt auf der Hand. Wobei die
Farbe unter dem Helm keine Rolle spielen sollte.
Allerdings sind die Stöpsel beim Absetzen nicht unbedingt
angenehm, schließlich kann man mit dem Polster hängen bleiben
und drückt sich so unbeabsichtigt die Stöpsel tiefer in den
Gehörgang.
Empfohlen werden übrigens sogenannte Otoplastiken. Dies sind
individuell für den Träger angefertigte Einsätze, welche von
einem Hörgeräteakustiker hergestellt werden. Sie sind
deutlich teurer (Preise zwischen 50 und 150 Euro werden im
Internet von Besitzern genannt) als die oben genannten
einfachen Varianten für den Gehörschutz.
Neben den relativ hohen Kosten für den Anschaffungspreis
müssen sie auch nach ein paar Jahren auf ihre Funktion
überprüft werden. Da sich der Gehörgang eventuell verändert
hat, passen sie unter Umständen nicht mehr 100%ig.
Von manchen Besitzern wurde auch geschrieben, dass sie wieder
zu den günstigen Alternativen gewechselt sind, da ihnen ein
neues Set Otoplastiken zu teuer war und sie subjektiv genauso
gut funktionieren.
Abschließend noch Zitate aus einem Beitrag, welchen der ADAC
im öffentlich zugänglichen Bereich auf seiner Website zum
Lesen bereithält:
[...] Eine neue Untersuchung der niederländischen
Motorradpolizei hat gar gezeigt, dass bei einem „normalen“
Motorradhelm schon 90 Sekunden bei Tempo 160 genügen
können, um bleibende Schäden zu verursachen. [...]
[...] Einem mittleren Schalldruckpegel von rund 84 dB(A)
bei 100 km/h des leisesten Helms im Test standen schon 92
dB(A) beim zweiten und gar fast 95 dB(A) beim lautesten
Helm entgegen. Übrigens: Schon drei dB (A) werden als
Lärmverdopplung empfunden. [...]
[...] hohe Schalldruck-Belastungen über längere Zeit führen
aber unausweichlich zu akuten Gehörstörungen bis zu
Schwerhörigkeit, Tinnitus oder sogar Taubheit.
Langzeitstudien der TU Hannover mit Motorradfahrern haben
dies längst eindrucksvoll bewiesen.
Werte aus dem gewerblichen Lärmschutz machen das Problem
deutlich. Zonen mit Schalldruckpegeln über 85 dB(A) gelten
als Lärmbereiche, für Arbeiten muss Gehörschutz zur
Verfügung gestellt werden. Bei Pegeln über 90 dB(A) muss
gar zwingend Gehörschutz getragen werden. 85 dB(A) gilt als
Bezugsschalldruckpegel, nur bei dem darf acht Stunden
gearbeitet werden. Mit steigender Lärmbelastung reduziert
sich die Arbeitszeit. [...]
Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen ob er mit
Gehörschutz fährt oder ob ihm das zu uncool vorkommt. Ich
hänge irgendwie an meinem Hörvermögen – schließlich habe ich
auch nur rechts und links ein Ohr.
Über den Autor dieses Beitrags
Martin »X_FISH« Schmidt
E-Mail: lqTyhDUyvpzMlMKIhYzEyoJS
Websites: www.x-fish.orgwww.gaskutsche.de YBR-125-Besitzer von 05.2009 bis 07.2011
Führerschein seit 07.2011 (A), 08.2009 (A1), 10.1993 (B)
Aktuelle Maschine: '95 Yamaha XJ 600 S / '97 Suzuki GSF 1200
Weitere Informationen: Blog-Startseite 44570609
[1]www.ifz.de - Institut für
Zweiradsicherheit, Essen
[2]www.hvbg.de -
Berufsgenossenschaftliches Institut für
Arbeitsschutz/DGUV (IFA)
[3]
www.ifz.de - Gehörschützer: Positivliste für den
Straßenverkehr (.pdf zum Download)
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