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12
August
2010
Stahlflex und Bremsflüssigkeit
Wechsel von Bremsleitung und Bremsflüssigkeit
Bereits Ende 2009 hatte ich bei einem Hersteller von
Hydraulikleitungen eine Stahlflexleitung für meine YBR 125 in
Auftrag gegeben. Ich hatte Zeit, daher habe ich dies auch dem
Hersteller mitgeteilt. Im
Januar hatte ich dann die neue
Bremsleitung bei mir liegen.
Nach weiteren acht Monaten bin ich nun endlich dazu gekommen
sie einzubauen, daher nun auch ein paar Bilder und dies eben
auch als Anleitung zum »do it yourself«. Jedoch sollte man
sich nur dann an den Wechsel der Bremsflüssigkeit wagen, wenn
man zum einen das passende Werkzeug besitzt (Stichwort
Entlüftung) sowie die entsprechenden Sicherheitsvorschriften
beachtet.
YBR 125 mit originaler Bremsleitung
YBR 125 mit Stahlflex-Bremsleitung
Daher vor den ersten Schritten ein paar ganz allgemeine
Hinweise:
- Bremsflüssigkeit ist giftig. Daher entsprechend
vorsichtig mit der Flüssigkeit umgehen.
- Bei Hautkontakt oder gar Kontakt mit den Augen die
Bremsflüssigkeit mit viel Wasser abspülen beziehungsweise
das Auge ausspülen und anschließend unbedingt einen
Augenarzt aufsuchen.
- Bei Verschlucken ist sofort ärztliche Hilfe in Anspruch
zu nehmen. Daher Bremsflüssigkeit niemals in
Getränkeflaschen abfüllen. Bremsflüssigkeit kann farblos,
bernsteinfarben bis hin zu einer dunklen Färbung (ähnlich
Cola) aussehen. In einer Flasche mit Apfelsaftbeschriftung
könnte es daher zu einer fatalen Verwechslung kommen.
- Bremsflüssigkeit darf nicht mit Altöl gemischt werden.
Getrennt aufbewahren (z.B. in einem entsprechend
beschrifteten Glas) und bei einer dafür zertifizierten
Annahmestelle entsorgen.
- Bremsflüssigkeit ist aggressiv gegenüber diversen
Materialien. Lacke und ungeeignete Kunststoffe können
angegriffen werden.
- Die Bremsanlage ist eines der wichtigsten Komponenten
am Fahrzeug. Fehlerhafte Wartung stellt nicht nur für den
Fahrzeugführer, sondern insbesondere für alle anderen
Verkehrsteilnehmer eine unnötige Gefährdung dar.
Über die Zusammensetzung der Bremsflüssigkeiten und was
es mit »Trockensiedepunkt«, den Unterschieden von DOT3, DOT4,
DOT5 und DOT5.1 und deren unterschiedlichen Eigenschaften zu
tun hat, ist auf diversen Seiten im Netz nachzulesen.
Hersteller von Bremsflüssigkeiten erklären dies teilweise
sehr ausführlich und verständlich auf ihren Websites. Daher
brauche ich hier das Rad nicht neu zu erfinden, sondern
verweise einfach auf
Google.
Sollte jemand irgendwo Tipps lesen wie die Bremsflüssigkeit
in einen leeren Joghurtbecher abzulassen: Lieber nicht
weiterlesen. Vermutlich sind auch die übrigen Hinweise dann
eher mit Vorsicht zu genießen.
Bremsleitung YBR 125 mit Haltegummis
Wie bereits im
Blogbeitrag vom Januar
geschrieben, habe ich mir eine alte Bremsleitung einer 2005er
YBR 125 gekauft und diese als Muster für den Hersteller
eingeschickt.
Aus diesem Grund hatte ich auch eine Leitung »zuviel« und
habe von dieser alten Leitung die Haltegummis für die Führung
der Bremsleitung entfernt.
Die Gummis sind mit der Leitung in meinem Fall verschweißt
gewesen. Mit einer scharfen Klinge (Teppichmesser) konnte ich
die beiden Gummis problemlos entfernen. Dazu habe ich sie in
Längsrichtung aufgeschnitten. Dies stellt kein Problem dar,
da die Stahlflex-Bremsleitung einen geringeren Durchmesser
hat und daher die Gummis im Umfang ohnehin reduziert werden
müssen.
Werkzeug zum Absaugen der Bremsflüssigkeit
Da bei mir nicht nur der Wechsel der Bremsflüssigkeit
anstand, sondern auch noch die Bremsleitung getauscht werden
sollte, unterscheidet sich der Ablauf teilweise von einem
»einfachen Wechsel« der Bremsflüssigkeit bei welchem keine
neue Bremsleitung verbaut wird.
Ich weise an den entsprechenden Stellen darauf hin.
Das Werkzeug unterscheidet sich teilweise ebenfalls
beziehungsweise es gibt unterschiedliche Herangehensweisen
beim Wechsel der Bremsflüssigkeit. Bei meiner YBR 125 kamen
eine Pumpe um Erzeugen eines Unterdrucks,
bremsflüssigkeitsbeständige Schläuche sowie ein passendes
Gefäß zum Auffangen der abgesaugten Bremsflüssigkeit (ein
leerer Kanister in welchem früher einmal frische
Bremsflüssigkeit war) zum Einsatz.
Wenn lediglich die Bremsflüssigkeit gewechselt wird, ist die
Unterdruckpumpe nicht unbedingt notwendig. Man pumpt durch
Betätigen des Bremshebels die alte Bremsflüssigkeit durch die
Leitung aus dem System. Nur soviel, dass im
Ausgleichsbehälter frische Bremsflüssigkeit nachgefüllt
werden kann. Luft darf keine versehentlich in die Leitung
hineingedrückt werden. Anschließend weiter die neue
Flüssigkeit in das Bremssystem pumpen. Durch die frische
Bremsflüssigkeit im Ausgleichsbehälter wird die alte
Bremsflüssigkeit ersetzt und sobald durch den
Entlüftungsnippel die alte Brühe durch die neue
Bremsflüssigkeit sichtbar verdrängt wurde, ist der Wechsel
abgeschlossen.
In meinem Fall mussten die alte Bremsleitung sowie der
Ausgleichsbehälter vollständig frei von Bremsflüssigkeit
sein. Ansonsten wäre die Bremsflüssigkeit in der Leitung und
dem Ausgleichsbehälter nach dem Lösen der Schrauben einfach
abgelaufen, beispielsweise über lackierte Flächen oder
schlimmer noch über Hände oder Beine.
Der Ablauf sehr vereinfacht im Überblick:
- Schlauch an Entlüftungsnippel anschließen, anderes Ende
des Schlauchs sicher in Auffangbehälter positionieren.
- Entlüftungsnippel öffnen und Bremsflüssigkeit ablassen.
- Durch Betätigen der Bremse den Behälter und Leitung
leerpumpen beziehungsweise frische Flüssigkeit ins System
pumpen falls keine Leitung ausgetauscht werden soll.
- Kontrolle des Schlauchs ob nur noch Luft gepumpt wird
beziehnungsweise die alte, verfärbte Flüssigkeit durch
frische Bremsflüssigkeit verdrängt wurde.
- Schließen des Entlüftungsnippels. Im Falle eines
Wechsels der Bremsflüssigkeit wäre nun der Ablauf beendet.
- Aufbauen von Druck um die Luft aus dem System zu
bekommen (im Falle des Tauschs der Bremsleitung).
- Schließen des Entlüftungsnippels sobald keine Luft mehr
im System ist.
Soviel zur Theorie. Warum muss man überhaupt die
Bremsflüssigkeit wechseln? Ganz einfach: Weil sie altert.
Bremsflüssigkeit »zieht Wasser« und bindet es. Der
Fachbegriff dafür lautet »hygroskopisch«. Je mehr Wasser die
Flüssigkeit gebunden hat, desto eher kann es bei stärkerer
Belastung (Passfahrten, etc.) zur Bildung von Dampfblasen
führen, welche wiederum den Bremshebel »durchsacken lassen«.
Im schlimmsten Fall steht im entscheidenden Moment keine
Bremsleistung mehr zur Verfügung.
Spätestens wenn die Bremsflüssigkeit eher schwarz als noch
bernsteinfarben aussieht, ist der Wechsel überfällig.
Alte Bremsflüssigkeit (leider unscharf)
Neue, klare Bremsflüssigkeit (DOT3)
Den Unterschied zwischen der alten, bräunlichen
Bremsflüssigkeit (links) und der neuen, klaren
Bremsflüssigkeit (rechts) kann man auf den beiden Bildern
sehr gut erkennen. Auch wenn ich es mit meiner kleinen
»Taschenknippse« leider nicht geschafft habe, den Behälter
mit dem Rest der alten Bremsflüssigkeit scharf zu
stellen.
Nun zum eigentlichen Ablauf. Wie bereits erwähnt wurde die
Bremsflüssigkeit per Unterdruck und mit Pumpen am Bremshebel
aus Bremsleitung und Ausgleichsbehälter über den
Entlüftungsnippel nahezu vollständig abgelassen
beziehungsweise abgesaugt. Natürlich bleiben ein kleiner Rest
im Ausgleichsbehälter vorhanden und auch die Bremsleitung
selbst ist noch von Innen mit Bremsflüssigkeit benetzt.
Noch nicht angeschlossene Stahlflex-Bremsleitung
Anschließend konnte die alte Leitung am Bremssattel und
Ausgleichsbehälter gelöst werden. Die neue Bremsleitung wurde
identisch zur alten Leitung verlegt und an Bremssattel und
Ausgleichsbehälter angeschlossen.
Bei der neuen Stahlflex-Bremsleitung waren neue Dichtscheiben
für die Befestigung beigelegt.
Hohlschraube für die Bremsleitung (original)
Die alten Scheiben wurden nicht weiterverwendet, dafür
konnten die originalen Hohlschrauben mit der neuen
Bremsleitung weiterverwendet werden. Rechts auf dem Bild ist
eine der beiden Schrauben zu sehen.
Sie sind gemäß Anleitung mit 17-24 Nm Drehmoment
anzuziehen.
Am Bremssattel angeschlossene Stahlflex-Bremsleitung
Dicht soll das System sein, jedoch sollen die Schrauben
natürlich auch nicht abgerissen werden.
An den originalen Befestigungspunkten für die Bremsleitung an
der YBR 125 wurde die Stahlflexleitung mit den zuvor
zugeschnittenen Gummis der als Muster verwendeten
Bremsleitung befestigt.
Fertig montierte Stahlflex-Bremsleitung
Die originale Klemmbefestigung der Bremsleitung musste
dazu noch ein wenig weiter zugedrückt werden.
Gerade so viel das die Leitung selbst nicht gequetscht wird,
aber eben auch nicht aus der Führung herausrutschen kann.
Anschließend wurde die neue Bremsflüssigkeit (DOT3, DOT4 wäre
bei der YBR 125 ebenfalls zulässig) in den Ausgleichsbehälter
eingefüllt.
Nun musste die Luft aus der neuen Bremsleitung
beziehungsweise aus dem kompletten System herausgedrückt
werden. Daher musste einige Minuten lang mit dem Bremshebel
Druck aufgebaut werden um am Entlüftungsnippel die Luft
entnehmen zu können.
Zu Zweit ließ sich dies recht einfach lösen: Während eine
Person eifrig pumpt und Druck aufbaut, lässt die zweite
Person über den Entlüftungsnippel die Luft ab. Würde man den
Nippel nicht immer wieder verschließen und erneut Druck
aufbauen, würde man die Luft durch den Nippel wieder ins
System zurückziehen.
Bis ausschließlich frische Bremsflüssigkeit ohne Luftblasen
im transparenten Schlauch zu sehen waren, musste der
Ausgleichbehälter mehrfach nachbefüllt werden. Daher beim
Pumpen auch darauf achten, dass man nicht versehentlich Luft
in die Leitung pumpt. Ansonsten ist der Vorgang wieder und
wieder zu wiederholen.
Es dürfen sich keine Luftblasen im System befinden. Luft kann
komprimiert werden, die Bremsflüssigkeit nicht. Würde sich
Luft im System befinden könnte man den Bremshebel bis an den
Griff heranziehen und hätte dennoch keine Bremswirkung.
Verlegt unter Verwendung der originalen Montagepunkte
Am Ausgleichsbehälter angeschlossene Bremsleitung
Mit etwas Geduld ließ sich so das System vollständig
entlüften. Nachdem die Schraube am Entlüftungsnippel wieder
mit Gefühl festgezogen und Gummikappe aufgesetzt war, wurde
der Ausgleichsbehälter bis zum Maximum befüllt. Membran und
Dichtung wurden eingesetzt und der Deckel
festgeschraubt.
Frische, klare DOT3-Bremsflüssigkeit
Auf dem Bild links ist die kleine Luftblase im
Ausgleichsbehälter gut zu erkennen. Der Behälter ist bis zum
Maximum befüllt und das System einsatzbereit.
Da die Bremsbeläge noch recht gut aussehen, wird der
Flüssigkeitsstand sicherlich im Laufe der Zeit noch ein wenig
sinken.
Da die Flüssigkeit bis zum Maximum befüllt wurde als die
Beläge schon gebraucht waren, muss bei einem Wechsel der
Bremsbeläge beim zurückstellen des Kolbens darauf geachtet
werden, dass sich nicht zuviel Bremsflüssigkeit im System
befindet.
Ärgerlich: Trotz Vorsicht kleine Spritzer auf Abdeckung
Ärgerlich: Obwohl mittels Küchenrolle großflächig und
mehrlagig abgedeckt, ist Bremsflüssigkeit auf die Tankanzeige
und die schwarze Abdeckung geraten. Da der Kunststoff der
Bremsflüssigkeit nichts entgegenzusetzen hat, hat sich diese
umgehend »eingefressen«.Graue Flecken sowie das rechts am
Rand milchig getrübte »Glas« der Tankanzeige sind das
Resultat.
Die Tropfen am linken Bildrand sind nur vom Regen und nicht
etwa auch noch Bremsflüssigkeit. Aus Schaden wird man klug:
Nächstes Mal doch einfach einen Pappkarton über die Armaturen
legen. Dann sollte nichts weiter passieren können.
Ein paar Spritzer sind vermutlich unvermeidlich, im Fall
meiner YBR 125 stammen sie wohl von der Demontage der
Bremsleitung. Aus dem Ausgleichsbehälter ist beim Pumpen
jedenfalls nichts herausgespritzt.